Für das ungeschulte Auge sind die bunt leuchtenden Glasscheiben keine Attraktion. Erst der Blick einer Kennerin eröffnet den Zugang zur umwerfend faszinierenden Welt der Glaskunst, auf der sich die Thurgauer Elite mit Pomp und Trommelwirbel in Szene setzt.
Thurgau wird Teil des Corpus Vitrearum
Über einen solchen Blick verfügt Sarah Keller. Seit 2016 setzt sie sich mit den Glasmalereien im Thurgau auseinander. Das vom Kanton unterstützte Forschungsprojekt des Vitrocentre Romont mündet 2022 in einen Band des Corpus Vitrearum, was für den Thurgau einer Sensation gleichkommt. Das Corpus Vitrearum befasst sich seit den 1950er-Jahren mit der Inventarisierung und Publikation von historischen Glasmalereien – und zwar europaweit sowie in Kanada und den USA. Dass nun bald auch der Thurgau über einen eigenen Band mit dem Titel «Die Glasmalereien vom Mittelalter bis 1930 im Kanton Thurgau» aus der Feder von Sarah Keller und Katrin Kaufmann verfügt, ist ein Meilenstein für die kulturhistorische Forschung der Region. Sämtliche erforschten Glasmalereien sind zudem auf www.vitrosearch.ch der Öffentlichkeit zugänglich. Der Reiz dieser digitalen Fassung: Die gestochen scharfen Fotografien gestatten die Entdeckung kleinster Details auf den Glasmalereien.
Glaswissen à discrétion
Am Abendvortrag lässt Sarah Keller das Publikum an ihrem grossen Fachwissen teilhaben. Welche Bedeutung die reichlich vorhandenen Löwen und Madonnen auf den Thurgauer Glasmalereien haben, ist ebenso Thema wie die geheimen Hoffnungen der Klostervorsteherinnen, die eifrig in Glaskunstwerke investieren. Darüber hinaus verrät die Expertin, wo sich im Kanton eine der ältesten Glasmalereien der Schweiz befindet.
Die Veranstaltung findet im Rahmen des Museumsjahrs «Glas & Gloria. Fensterkunst im Thurgau» statt und startet um 18 Uhr im Rathaus Frauenfeld. Der Eintritt ist frei, es gelten die behördlich angeordneten COVID-Massnahmen und die Anmeldung erfolgt online über www.historisches-museum.tg.ch.