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Handball
04.09.2023
04.09.2023 09:09 Uhr

Zielsetzung bleibt gleich

Der Kroate Bruno Kozina nimmt die zweite Saison mit dem HSC Kreuzlingen in Angriff und hat sich dafür viel vorgenommen. Bild: Erich Mosberger
In der zweiten Saison in der Quickline Handball League (QHL/NLA) gilt für den HSC Kreuzlingen das gleiche wie bei der Premiere: Das Erreichen des Klassenerhalts wäre erneut ein toller Erfolg. Den Saisonauftakt bestreitet das Team von Cheftrainer Heiko Grimm am Mittwoch mit dem Heimspiel gegen Wacker Thun. Anpfiff in der Egelseehalle ist um 20 Uhr.

Was für ein sportliches Drama und Handballspektakel! Im fünften und alles entscheidenden Playout-Match sicherte sich der Underdog vom Bodensee am 20. April 2023 vor 1200 Zuschauern im ausverkauften Basler Rankhof unter dem Jubel der rund 150 mitgereisten HSCK-Anhänger den Klassenerhalt. Das Team von Cheftrainer Heiko Grimm rang den im Vorfeld favorisierten Traditionsclub und zweifachen Schweizermeister RTV 1879 Basel nach zwei Verlängerungen mit 37:36 nieder, ja zwang das Glück mit einer tollen Moral und viel Kampfgeist geradezu auf seine Seite. Den entscheidenden Treffer erzielte dabei Captain Valon Dedaj eineinhalb Minuten vor Schluss. Danach bewahrte Torhüter Nikola Marinovic den HSCK mit zwei weiteren Glanzparaden vor einem Penaltykrimi. Als erster Aufsteiger seit ganz langer Zeit schafften die Kreuzlinger damit den Ligaerhalt. Übrigens: Noch nie zuvor gelang einem Thurgauer Männerteam überhaupt ein Punktgewinn in der höchsten Spielklasse. Der HSC Kreuzlingen schaffte in seiner ersten QHL/NLA-Saison hingegen gleich sechs Siege.

Weiter in der Aussenseiterrolle
Somit darf der HSC Kreuzlingen seine zweite Saison in der höchsten Spielklasse des Schweizer Männerhandballs bestreiten. An den Rahmenbedingungen wird sich allerdings wenig bis nichts ändern: Die Thurgauer werden immer noch deutlich kleinere Brötchen backen müssen als die etablierte Konkurrenz mit den Kadetten Schaffhausen (Meister) und dem HC Kriens-Luzern (Playoff-Finalist) als Aushängeschilder. Es ist davon auszugehen, dass alle Top-8-Team weiterhin über ein mindestens doppelt so grosses Saisonbudget und mehrheitlich einen Profibetrieb verfügen. Beim HSCK hingegen arbeiten praktisch alle Spieler mit einem 60- oder sogar 80-Prozent-Pensum. «Unser Ziel bleibt deshalb das gleiche wie in der ersten Saison», macht Heiko Grimm klar. «Erstens wollen wir als Team einen weiteren Schritt nach vorne machen und ein weiteres kleines Stück näher an die Grossen heranrücken. Zweitens wollen wir unseren Platz in der QHL wiederum verteidigen», so der Vize-Weltmeister von 2003 und Europameister von 2004 mit Deutschland. «Idealerweise natürlich ohne solche nervenaufreibenden Playout-Partien wie zuletzt gegen Basel», ergänzt Grimm.

Zahlreiche Abgänge
Der 45-jährige Deutsche kann bei seiner «Mission Ligaerhalt» auf ein 16-Mann-Kader bauen. Im Vergleich zur ersten QHL-Saison gab es einige personelle Veränderungen. So wechselte Kreisläufer Miha Kavcic zum Europacup-Teilnehmer Olympiacos Piraeus nach Griechenland, da der 25-jährige Slowene in der Saison 2023/24 unbedingt wieder auf internationaler Ebene spielen möchte. Rechtsaussen David Fricker (25) sowie die Kreisläufer Alan Lutz (25) und der langzeitverletzte Manuel Zeller (26) haben ihren Rücktritt vom Leistungssport erklärt. Dazu treten Sandro Bär (26), Robin Wipf (23) und Marco Kappenthuler (28) ins zweite Glied zurück und schliessen sich dem Kreuzlinger 1.-Liga-Team an. Je nach Studienort gilt dies auch für Fabian Zeller (20). Linksaussen Fabian Schneider (28) wagt nach seiner schweren Knieverletzung bei NLB-Aufsteiger HC Arbon einen Neustart. Und schliesslich beendet Torhüter Nikola Marinovic im zarten Alter von 46 Jahren seine überaus erfolgreiche Karriere als Spitzenhandballer. Mit den Kadetten Schaffhausen gewann der 169-fache österreichische Internationale unter anderem zwei Schweizer Meistertitel. «Wir freuen uns sehr, dass Niko dem HSC Kreuzlingen in der Funktion als Torhütertrainer und Coach erhalten bleibt und seine immense Erfahrung weitergibt», betont Grimm, der zugleich auch als sportlicher Gesamtleiter amtet.

Fünf Zuzüge
Im Frühjahr und Frühsommers konnte der HSCK fünf neue Spieler verpflichten. Als Ersatz für Nikola Marinovic stösst vom deutschen 2. Bundesligisten Wölfe Würzburg der 27-jährige Andreas Wieser zu den Thurgauern. Wieser gilt als sehr erfahrener Keeper und zeigte in der abgelaufenen Saison viele starke Leistungen. Er wird zusammen mit dem gleichaltrigen kosovarischen Internationalen Haris Berisha und Cedric Färber (24) das Torhütertrio bilden. Den Abgang von Linksaussen Fabian Schneider konnte der HSCK durch die Verpflichtung des jungen Basil Zeltner kompensieren. Der 22-Jährige kommt vom Ligakonkurrenten GC Amicitia Zürich. Auf der rechten Rückraumposition soll Alexander Leindl (25) vom deutschen Drittligisten TuS Fürstenfeldbruck den aktuellen HSCK-Topscorer Drenit Tahirukaj unterstützen. Gleich einen Zweifachwechsel mussten die Kreuzlinger Verantwortlichen auf der Kreisposition vornehmen, weil Kavcic, Lutz und Zeller nicht mehr zur Verfügung stehen. Auf dieser Position ist es Heiko Grimm gelungen, mit dem routinierten Thomas Rink (29) vom deutschen Traditionsclub TV Grosswallstadt (2. Bundesliga) und dem Schweizer Karlo Ladan (28) vom französischen Zweitligisten Strasbourg vielversprechenden Ersatz zu verpflichten.

Konstanz im Rückraum
Der Rückraum des HSCK erfährt im Vergleich zur letzten Saison nur einen Wechsel (Leindl). Die Mitteposition werden sich die Routiniers Valon Dedaj (34, Teamcaptain) und Bruno Kozina (31) teilen. Im linken Rückraum erhofft sich Trainer Grimm einiges vom dreifachen Schweizer A-Internationalen Lionel Mirdita (21), dem jungen Tschechen Martin Brezina (22) sowie dem erfahrenen Ungaren Attila Kun (29). Auf der rechten Seite sollen sich Topscorer Drenit Tahirukaj (25) und Alexander Leindl optimal ergänzen, während Dirlon Tahirukaj (28) neu fix am rechten Flügel angreifen wird, so wie er es auch erfolgreich im kosovarischen Nationalteam tut. Auf dieser Position spielt zudem auch das Kreuzlinger Eigengewächs Jonas Heim (27), der neu das Amt des Vize-Captains ausübt. Zum erweiterten QHL-Kader gehört zudem neu auch der talentierte Rückraumspieler Rouven Corradini (Jg. 2004).

Näher dran?
«Eines der acht etablierten Spitzenteams hinter uns zu lassen ist definitiv eine Herkulesaufgabe», ist sich Heiko Grimm bewusst. Auf jeden Fall erwartet er aber von seinem Team eine Steigerung gegenüber der ersten QHL-Spielzeit. «Und natürlich erhoffe ich mir so, dass wir dann den einen oder anderen Punkt mehr holen als letzte Saison.» Auf jeden Fall will sich der HSCK erneut als defensiv starker Verbund präsentieren. Bei der Anzahl Gegentore lag er bereits in seiner Premierensaison im Mittelfeld. Nun gilt es für die Kreuzlinger, sich auch in der Offensive zu steigern. Nur so lässt sich das im Vorfeld von nahezu allen Fachleuten erwartete Playout-Duell zwischen dem Aufsteiger von 2022 (Kreuzlingen) und dem Aufsteiger von 2023 (Genf) verhindern. Grimm verspricht: «Wir werden ganz sicher alles geben, um das scheinbar Unmögliche vielleicht doch möglich zu machen!» Und das wäre der Vorstoss in die Top 8 und damit die Playoff-Viertelfinal-Qualifikation.

Wer fordert die beiden Topfavoriten?
Es wird erwartet, dass die beiden Playoff-Finalisten der letzten Saison den Meistertitel erneut unter sich ausmachen. Die Kadetten Schaffhausen und der HC Kriens-Luzern, bei dem Superstar Andy Schmid seine Abschiedssaison bestreitet, bevor er dann im Sommer das Amt des Schweizer Nationaltrainers übernimmt, sind die beiden erklärten Favoriten. Dahinter scheinen GC Amicitia Zürich und Pfadi Winterthur am ehesten in der Lage, an dieser Hierarchie rütteln zu können. Hinter diesen vier Topteams wird es spannend. Der BSV Bern, Wacker Thun und der HSC Suhr Aarau versuchen, mehr als die übliche erste Playoff-Runde zu erreichen. Der Ostschweizer Traditionsclub TSV St. Otmar St. Gallen will die missglückte letzte Saison, die er nur auf dem 8. Rang abschloss, vergessen machen. Und der HSC Kreuzlingen sowie Aufsteiger Chênois Genf werden versuchen, die Favoriten zu ärgern und die eine oder andere Überraschung zu schaffen.

Zuzüge:

Basil Zeltner (CH, 22 Jahre, Flügel, GC Amicitia Zürich, QHL)
Alexander Leindl (DE, 25 Jahre, Rückraum, TuS Fürstenfeldbruck, 3. Bundesliga)
Thomas Rink (DE, 29 Jahre, Kreisläufer, TV Grosswallstadt, 2. Bundesliga)
Karlo Ladan (CH, 28 Jahre, Kreisläufer, Strasbourg, 2. Division FR)
Andreas Wieser (DE, 27 Jahre, Torhüter, Wölfe Würzburg, 2. Bundesliga)

Abgänge:

Miha Kavcic (Slowenien, zum griechischen Europacup-Teilnehmer Olympiacos Piraeus-Athen)
Robin Wipf (HSC Kreuzlingen, 2. Mannschaft)
Fabian Zeller (Rücktritt, evtl. 2. Mannschaft)
Manuel Zeller (HSC Kreuzlingen, 2. Mannschaft)
Fabian Schneider (HC Arbon, Nationalliga B)
Marco Kappenthuler (HSC Kreuzlingen, 2. Mannschaft)
Sandro Bär (HSC Kreuzlingen, 2. Mannschaft)
Nikola Marinovic (HSC Kreuzlingen, Torhütertrainer)
David Fricker (Rücktritt)
Alan Lutz (Rücktritt)

Markus Rutishauser