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Kreuzlingen
29.01.2024
29.01.2024 16:59 Uhr

«Wie ein grosser Gemischtwarenladen»

Der Kreuzlinger Stadtrat Daniel Moos. Bild: Stadt Kreuzlingen
Seit dem 1. Juni 2023 ist der 52-jährige Daniel Moos gewählter Stadtrat in Kreuzlingen. Seit einem halben Jahr im Amt, lobt ihn der Stadtpräsident Thomas Niederberger am Neujahrsempfang für eine rasche Einarbeitung. Im Interview erzählt der jüngste Stadtrat im Amt über die Knacknüsse im Departement Gesellschaft.

Daniel Moos, der jüngste Stadtrat von Kreuzlingen betreut die 230 Kreuzlinger Vereine, er kümmert sich um die städtischen Sportanlagen, die Kulturförderung und Integration, die Familienpolitik und ein Brocken beim Liegenschaften-Portfolio im Wert von über 100 Millionen Franken.

Daniel Moos, Abläufe aus dem Effeff oder wo sind Ihre Herausforderungen?

Aufgrund meiner Verwaltungserfahrung als Leiter der Energiefachstelle der Stadt Frauenfeld und meinem Engagement im Kreuzlinger Gemeinderat machen mir die Abläufe in der Stadtverwaltung keine grossen Schwierigkeiten. Die Herausforderung liegt eher in der Vielzahl an thematisch unterschiedlich gelagerten Projekten. Es kommt schon mal vor, dass mein Kopf abends raucht. Am Morgen ist es eine kaputte Heizung in einer Liegenschaft, anschliessend kümmere ich mich um Kindertagesstätten und dann kommt sicherlich noch eine Rückmeldung eines besorgten Mitbürgers zum Bad Egelsee. Das Departement Gesellschaft lässt sich metaphorisch am ehesten mit einem grossen Gemischtwarenladen vergleichen. Hier fliessen alle Themen des gemeinsamen Stadtlebens, der Teilhabe, alle Wünsche und Bedürfnisse nach Infrastrukturen und Orten der Begegnung zusammen. Das ist zum einen herausfordernd zum anderen eine Chance, da die unterschiedlichsten Kompetenzen und das breitgefächerte Wissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einem Dach im Departement vertreten sind.

Was gefällt Ihnen als Stadtrat?

Ich bin neugierig, offen für Neues und arbeite gerne mit Menschen zusammen. Die Arbeit als Stadtrat erfüllt meine Ansprüche an einen Job vollumfänglich und vor allem ist die Arbeit sinnstiftend - man arbeitet als Stadtrat sehr nah am Puls des gesellschaftlichen Lebens. Das finde ich äusserst spannend und sehr bereichernd. Natürlich ist es nicht immer einfach, die unterschiedlichsten Bedürfnisse auf einen Nenner zu bringen – oft ist politisches Fingerspitzengefühl gefordert. Gleichzeitig unterstütze ich gerne, um die Stadt vorwärtszubringen. Wir in unserem Department sind (meistens) schnell, bieten kreative Lösungen an und verstehen uns als Dienstleister gegenüber unseren verschiedenen und zahlreichen Anspruchsgruppen. Die Arbeit gemeinsam mit dem Team erfüllt mich und ja, es gefällt mir sehr gut, ein Teil der Stadtverwaltung Kreuzlingen zu sein.

Wo sind die Knacknüsse in diesem Amt?

Ich habe den Anspruch Lösungen zu präsentieren, die in der Politik und letztlich auch bei der Bevölkerung Mehrheiten finden. Hierbei handelt es sich in der Regel um Kompromisse und manchmal müssen im übertragenden Sinn Nüsse geknackt werden, damit alle wenigstens einigermassen zufrieden sind. Nicht alles, was wünschbar ist, kann auch realisiert werden. Ich sehe meine Aufgabe in der Moderation der einzelnen Entwicklungsschritte bis zum fertigen Projekt über das der Stadtrat, der Gemeinderat oder das Stimmvolk befindet.

Eine ganz andere Knacknuss ist der Fachkräftemangel, den wir bei uns im Departement zu spüren bekommen. Beispielhaft mussten wir die Neubesetzung der Liegenschaftsverwaltung dreimal ausschreiben, bis wir die Stelle wieder entsprechend besetzen konnten. Der Fachkräftemangel wird sich meiner Meinung nach weiter verschärfen. Dieser wird mittel- bis langfristig zu einem Kampf um die besten Talente führen. Hier wird die lokale Politik gefordert sein, die Rahmenbedingungen in der Stadtverwaltung anzupassen, um auch künftig die Besten in die Stadtverwaltung zu holen. Das wird nicht einfach werden, weil wir mit der Privatwirtschaft im Wettbewerb stehen. Bei den Arbeitsbedingungen kann sich die Privatwirtschaft rascher auf neue Gegebenheiten anpassen. In einer Stadtverwaltung ist das nicht ohne weiteres möglich.

Daniel Moos sitzt in seinem Büro. Bild: Manuela Olgiati

Welche Projekte stehen im Fokus?

Ich halte es so wie der Stadtpräsident am Neujahrsempfang in seiner Ansprache sagte: Umsetzen, umsetzen, umsetzen! Wir befinden uns momentan in einer Umsetzungsphase. Ein Projekt ist die Sanierung des Kult-X mit der Überführung in einen Regelbetrieb. Auch im Aufbau des gemeinsamen Bäderbetriebs (Bad Egelsee und Freibad Hörnli) ist noch vieles zu organisieren. Hier geht es um Optimierung der Betriebsabläufe und damit die vorhandenen Synergien der beiden Bäderbetriebe maximal auszuschöpfen.

Neben den «grossen Brocken» unterstützten wir im letzten Jahr das Gemeinschaftsgartenprojekt «Lüüt&Rüebli» beim evangelischen Kirchgemeindehaus an der Bärenstrasse. Die Initiantinnen und Initianten feierten im Oktober 2023 ein erstes Erntedankfest. Auch ein Workshop mit Vertreterinnen und Vertretern der Quartiervereine und des Migrationsrates MIR zeigte klar den Bedarf der kleinräumlichen Vernetzung der Einwohner und Einwohnerinnen in den Quartieren auf. In zwei Arbeitsgruppen wurden Möglichkeiten zur Förderung des Zusammenlebens erarbeitet – eine Umsetzung steht in diesem Jahr bevor.

Und als Chef von 50 Mitarbeitenden kennen Sie alle persönlich? Wie stark braucht es Sie als Führungsperson?

Ich habe das Glück mit praktisch ausnahmslos motivierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammenzuarbeiten. Es macht mir grosse Freude, einem Team vorzustehen. Unser Departement ist in verschiedene Ressorts aufgeteilt, ich trage die Gesamtverantwortung. Die Ressortleiter führen ihre Bereiche selbstständig und werden vom Abteilungsleiter geführt. Der Abteilungsleiter hat die Funktion eines Geschäftsführers. Meine Aufgabe ist die strategische Ausrichtung des Departements, ich bin die Schnittstelle zwischen Politik und Verwaltung.

Die Betriebe des Departments Gesellschaft sind über die ganze Stadt verteilt, da ist es schwierig, jeden einzelnen Mitarbeiter persönlich zu begrüssen. Wir treffen uns jedoch einmal jährlich für einen Departementsanlass, daneben tauscht man sich in den jeweiligen Ressorts regelmässig aus.

Für Mitarbeitende ist meine Türe im übertragenen Sinn immer offen. Ich finde es wichtig, ihre Bedürfnisse und Anliegen ernst zu nehmen und nach Lösungen zu suchen, manchmal ist es auch ein «Ringen» um Lösungen. Das schafft Vertrauen und ein angenehmes Arbeitsklima. Entsprechende Leistung wird gefördert, wir zählen auf langjährige Mitarbeitende. In der Vergangenheit hatten wir im Department kaum Kündigungen. Ich möchte das auf jeden Fall so weiterführen!

Im normalen Berufsleben Energieberater. Wie werden Synergien nutzbar?

Auf den ersten Blick sind die Berührungspunkte zwischen einem Energieberater und dem Departement Gesellschaft nicht offensichtlich. Bei den Liegenschaften kann ich meine berufliche Erfahrung selbstverständlich vollumfänglich einbringen. Bei Kulturthemen sind die Schnittmengen nicht so offensichtlich. Doch gerade bei der Kulturförderung konnte ich mein Fachwissen aus dem Energiebereich nutzen. Die Fördermechanismen funktionieren im Kulturbereich ähnlich wie im Energiebereich. Hier kann ich dazu beitragen, die Abläufe zu vereinfachen, um die Verwaltung entsprechend zu entlasten.

Grundsätzlich schätze ich unser Milizsystem. Ich finde es wichtig, die Verbindung in die Privatwirtschaft aufrechtzuerhalten. Es erdet mich und ermöglicht mir andere Sichtweisen bei entsprechenden Themen einzunehmen.

Welche Wünsche sind offen?

Zuerst möchte ich mich bei allen Kreuzlingerinnen und Kreuzlinger für das Vertrauen in meine Person und die Chance, diesen Job ausführen zu dürfen, herzlich bedanken. Gleichzeitig bin ich dankbar, in der Schweiz zu leben - gerade in der jetzigen Zeit, wo auf internationaler Ebene das Recht des Stärkeren gilt. Das austarierte politische System der Schweiz ist aus meiner Sicht ein Garant für das friedliche Zusammenleben in unserem Land. Es braucht aber nicht nur ein System, sondern auch Menschen, die die politische Kultur in der Schweiz pflegen und leben - also Sie liebe Leserinnen und Leser. Vor diesem Hintergrund wünsche ich mir mehr Engagement. Heute ist es schwierig, Ämter in Vereinen und Politik zu besetzen. Doch die Schweiz funktioniert nur, weil sich Meschen freiwillig engagieren, dass sollte man sich immer vergegenwärtigen.

Interview geführt Manuela Olgiati