Die beiden vom Grossen Rat erheblich erklärten Motionen «Änderung des Gesetzes über die Finanzierung von Pflegeverhältnissen vor und nach der Volljährigkeit – analog der Alimenten-Bevorschussung» und «Erhöhung der Plätze von Kleinstbetreuungs- und Pflegeangeboten» verlangen jeweils eine Teilrevision des Sozialhilfegesetzes. Für die Umsetzung einzelner Forderungen der einen Motion ist zudem auch eine Anpassung des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch erforderlich. Im Rahmen der anstehenden Teilrevision des Sozialhilfegesetzes soll zusätzlich eine spezialgesetzliche Regelung für die Klärung negativer Zuständigkeitskonflikte im Sozialhilfebereich geschaffen werden. Der Regierungsrat hat die Botschaft zur Erfüllung der beiden Motionen zuhanden des Grossen Rates verabschiedet.
Die Gesetzgebung des Kantons Thurgau soll analog der Alimentenbevorschussung so angepasst werden, dass ein ehemaliges Pflegeverhältnis bis zum Abschluss einer Erstausbildung, aber längstens bis zum Erreichen des 25. Lebensjahres finanziert wird, falls das ehemalige Pflegekind dies möchte. Die Finanzierung erfolgt über die Sozialhilfe und soll nicht zu Lasten des ehemaligen Pflegekindes gehen. Um die Gleichbehandlung von ehemaligen Pflegekindern und Kindern ohne Pflegeeltern sicherzustellen, ist generell auf eine Rückerstattung der Sozialhilfe bis zum Ende der Erstausbildung, längstens jedoch bis zum 25. Lebensjahr, verzichtet werden. Weiter soll die gesetzliche Grundlage so geändert werden, dass bei Betreuungs- und Pflegeangeboten die Politischen Gemeinden nicht mehr für solche mit maximal vier Plätzen, sondern für solche mit maximal sechs Plätzen zuständig sind.
Im Juli 2024 hatte der Regierungsrat die Gesetzesrevisionen in eine externe Vernehmlassung gegeben. Insgesamt gingen 16 Vernehmlassungsantworten ein. Die Änderungen werden durchgehend begrüsst, insbesondere dass junge Menschen bei Erreichen der Volljährigkeit in einer Institution oder Pflegefamilie bleiben und nicht mehr zur Rückerstattung von Sozialhilfeleistungen verpflichtet sind sowie die Regelung zur Lösung negativer Zuständigkeitskonflikte. Aufgrund der Rückmeldungen wurden verschiedene gesetzliche Regelungen präzisiert und klarer formuliert.
Die Revision des Sozialhilfegesetzes verursacht keine Kosten. Die Änderung des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch erfordert für die Vermittlung der jährlich rund 50 Pflegeverhältnisse (Stand 2023) von Pflegekindern aus dem Kanton Thurgau in Pflegefamilien im Kanton Thurgau sowie für die fachliche Begleitung der 90 Pflegefamilien, die nicht mit einer Dienstleistungsanbieterin oder einem Dienstleistungsanbieter in der Familienpflege (DAF) zusammenarbeiten, und für die zusätzliche fachliche Begleitung der rund 60 Pflegefamilien, in die eine DAF involviert ist, erfordert in maximaler Ausgestaltung bis zu fünf Vollzeitstellen; der Umfang der zusätzlichen personellen Mittel hängt massgeblich vom Vollzug ab.