Ruth Faller Graf kennt die Thurgauer Justiz von Grund auf. Nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften war sie Gerichtsschreiberin, arbeitete als Rechtsanwältin und präsidierte neun Jahre lang das Bezirksgericht Kreuzlingen. Dass sie nach ihrer Wahl in den Regierungsrat am 1. Juli 2025 die Nachfolge der im Amt verstorbenen Sonja Wiesmann als Vorsteherin des Departementes für Justiz und Sicherheit übernahm, erscheint daher logisch. «Von aussen betrachtet mag das so sein. Es ist aber keineswegs zwingend, dass man als Chefin oder Chef des Departementes für Justiz und Sicherheit Juristin oder Jurist sein muss. Zudem sind alle fünf Departemente spannend», sagte sie an der Medienkonferenz zu ihren ersten 100 Tagen im Amt.
Der Übergang von der Judikative in die Exekutive ist Ruth Faller Graf geglückt, ist sie überzeugt. In den ersten Wochen ging es für die 55-Jährige vor allem darum, die Ämter und Menschen in ihrem Departement kennenzulernen. «Ich wurde von allen Seiten herzlich willkommen geheissen – sowohl in meinem Departement als auch im Regierungsrat. Die Zusammenarbeit mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie im Regierungsrat ist sehr gut. Ich darf sagen, dass ich mich wohl fühle und schon viel gelernt habe.»
Vielfältige Herausforderungen
Die Herausforderungen im Departement für Justiz und Sicherheit seien vielfältig, sagte Ruth Faller Graf. Als Beispiele nennt sie die Situation rund um die Migration, die überregionale sowie interkantonale Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgungsbehörden und Polizei, die Bedeutung des Militärs sowie des Bevölkerungsschutzes, die Anpassung der Ausbildung der Polizistinnen und Polizisten an der Polizeischule Amriswil oder das Projekt Justitia 4.0, mit dem die Digitalisierung der Schweizer Justiz vorangetrieben werden soll. «Hinzu kommen hängige Gesetzesrevisionen betreffend Datenschutz und Gebäudeversicherung, die ich zu einem guten Abschluss bringen möchte.»
Sicherheit trotz Spardruck
Nebst den Themen in ihrem Departement beschäftigen Ruth Faller Graf aber auch die allgemeinen Entwicklungen in der kantonalen Verwaltung. Aufgrund der angespannten Finanzlage hat der Regierungsrat die Aufgaben- und Verzichtsplanung 2025–2027 angestossen. «Der Spardruck ist gross. Das wird die Thurgauer Bevölkerung, aber auch unser Personal spüren. Und dem Personal gilt es ganz besonders Sorge zu tragen», sagte die SP-Regierungsrätin. Zudem herrsche auch beim Bund Spardruck. Daher wurde das Projekt «Entflechtung 27» lanciert, damit sollen die Verantwortung für die staatliche Aufgabenerfüllung und -finanzierung klar zugewiesen werden. Die Arbeit in ihrem Departement soll aber nicht darunter leiden. «Unsere Aufgabe ist es, dass sich die Thurgauerinnen und Thurgauer sicher fühlen.» Was das heisst, weiss sie als ehemalige Gerichtsschreiberin, Rechtsanwältin und Gerichtspräsidentin sehr genau.