Bereits im Sommer 2022 einigten sich Queer Thurgau mit der Präsidentin des Evangelischen Kirchenrats Thurgau darauf, dass nur Pfarrpersonen gleichgeschlechtliche Paare verheiraten sollen, die das gerne machen. Denn der schönste Tag im Leben eines Paares soll nicht durch eine misslaunige Pfarrperson getrübt werden.
Im Herbst 2022 hat die Evangelische Landeskirche Thurgau mitgeteilt, dass Thurgauer Kirchengemeinden nicht verpflichtet sind homosexuellen Paaren Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dabei stützt sie sich auf die Evangelischen Kirche Schweiz. Begründet wird dies mit einer Rücksichtnahme auf «religiöse Gefühle» der Kirchenvorsteherschaft und unter Berufung auf die «Gemeindeautonomie».
Homosexuelle diskriminieren um Mitglieder von Kirchenvorsteherschaften zu schützen
Unter «Räumlichkeiten» sind Kirchengemeindehäuser als auch Kirchen zu verstehen. Dies hätte zur Folge, dass homosexuelle Christinnen und Christen der Wunsch verwehrt würde, in Kirchen zu heiraten. Ausgerechnet dort, wo sich viele Gläubige Gott am nächsten fühlen. Homosexuelle Paare könnten demnach auch nicht in ihrer Wohngemeinde, wo sie eine enge Beziehung zu ihrer Kirche aufgebaut haben, den Bund der Ehe eingehen.
Homosexuelle diskriminieren - um religiöse Gefühle von Kirchenvorsteherschaften zu schützen. Was genau diese «religiösen Gefühle» beinhalten, wird nicht dargelegt. Nächstenliebe wohl kaum. Viele Homosexuelle haben eine ablehnende Haltung gegenüber Religionen - werden sie doch noch heute von religiösen Fanatikern verfolgt und ermordet. Wenn sich Schwule und Lesben nicht nur zivilrechtlich, sondern auch kirchlich das «Ja-Wort» geben wollen, entspringt dies einer tiefen Religiosität und Verbundenheit mit ihrer Kirche. Ein Nein wäre für sie ein Schlag vor den Kopf.
In der Kirche heiraten
Die Verweigerung in Kirchen heiraten zu können, verstösst unserer Meinung nach gegen das Gleichstellungsgesetz, was auch nicht mit der Gemeindeautonomie zu rechtfertigen ist. Wenn die Gemeindeautonomie über der Gleichstellung stehen würde, könnten zum Beispiel Gemeindebehörden Frauen und Männer mit gleichen Qualifikationen wieder unterschiedlich entlöhnen, so wie einst. Dem ist aber nicht so. Demzufolge dürfen homosexuelle Frauen und Männer nicht anders als heterosexuelle Männer und Frauen behandelt werden. Auch kann es nicht sein, dass Kirchensteuerzahler*innen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung die gleichen Rechte verwehrt bleiben. Wer Kirchensteuern bezahlt, soll nicht nur die gleichen Pflichten, sondern auch die gleichen Rechte haben. Wem dies verweigert wird, stellt sich zurecht die Frage, warum man in dieser Kirche verbleiben soll.
Irgendwann wird es einen Präzedenzfall im Thurgau geben. Irgendwann verbietet eine Kirchenvorsteherschaft einem homosexuellen Paar die kirchliche Trauung. Das ist der Moment, wo Jurist*innen das Ruder übernehmen. Das wäre nüchtern betrachtet das Beste, was der Evangelischen Kirche passieren könnte, um weitere abstruse Regelungen und Diskussionen zu vermeiden.
Wir fordern die Evangelische Kirche Thurgau auf, bei der Evangelischen Landeskirche Schweiz die Abschaffung des unseligen Vetorechts der «Kirchenvorsteherschaften» zu fordern. Gelegenheit dazu besteht am 27.1.2023 in Zürich an der öffentlichen Tagung der Schweizerischen Vereinigung für Evangelisches Kirchenrecht zum Thema «Ehe für alle und Fragen für die kirchliche Trauung».
Auch bitten wir homosexuelle Paare, denen die Heirat in einer Kirche verweigert wird, mit Queer Thurgau Kontakt aufzunehmen.
Aber vielleicht wendet sich alles zum Guten und die Synode folgt an der nächsten Sitzung in einem halben Jahr dem Vorschlag des Kirchenrats nicht, sondern befürwortet kirchliche Trauungen von gleichgeschlechtlichen Paaren ohne Wenn und Aber. Wir danken allen, die sich für unsere Gleichstellung einsetzen.