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Kreuzlingen
07.02.2024
07.02.2024 11:15 Uhr

Gegen Ladensterben in Kreuzlingen hilft Innovation

An seltenen Anlässen zieht es die Menschen ins Kreuzlinger Stadtzentrum. (Archivbild) Bild: Stadt Kreuzlingen
In Kreuzlingen schreitet das Ladensterben voran. Einwohner und Auswärtige sehen für den grenznahen Ort am Bodensee schwarz. Attila Wohlrab, der Geschäftsinhaber der immokanzlei AG Kreuzlingen findet, mit einer gewissen Innovation könnten Ladenbesitzer von höheren Personenfrequenzen profitieren. Was es braucht, sind frische Ideen und Konzepte.

Manche sehen für grenznahe Orte schwarz. Folgt man den Kommentaren auf Facebook ist viel Enttäuschung spürbar. Die Problematik von Ladenschliessungen gibt es allerdings auch in anderen Städten, im Thurgau und weiteren Kantonen. Die Stadt Zürich ist ebenso vom Ladensterben betroffen. Allerdings dort, wo sich viele Menschen zu Fuss aufhalten, scheint die Situation entspannter. Käufer gehen von Laden zu Laden, bis sie das Passende gefunden haben. In Kreuzlingen hingegen ist es leer. Die Verlockung, den Einkauf in Konstanz zu machen, ist gross.

Anziehungspunkt für mehr Käufer

Einer, der das Stadtleben in Kreuzlingen kennt, ist Attila Wohlrab aus Kreuzlingen. Der eidg. dipl. Immobilientreuhänder wägt die Situation aus seinem beruflichen Umfeld ab. Wohlrab ist Geschäftsführer und Inhaber der immokanzlei AG in Kreuzlingen sowie Präsident des Arbeitgeberverbandes Kreuzlingen. Auf einzelne Analysen von Liegenschaften möchte er nicht eingehen, sondern mehr eine Aussenansicht beleuchten. Selber glaubt er nicht, dass Käufer nach Amriswil oder Weinfelden abwandern.

Dennoch spricht er überzeugt von der Wichtigkeit der Personenfrequenzen. Gebe es Standorte, wo tagsüber immer viele Menschen passieren, gehen automatisch auch mehr in Läden. Ob Kleider oder Schuhe kaufen, entscheide die Nachfrage. Der Jahrmarkt vom vergangenen Oktober zog zum Beispiel die Menschen an. Dann hat es Besucher auf der Strasse und wegen dieser hohen Personenfrequenzen kommen auch die Händler. Mit einer gewissen Innovation können auch Ladenbesitzer davon profitieren. Doch in den Zeiten und Tagen dazwischen ohne Personenfrequenzen warten etwa Modeberater auf Kundschaft.

Innovative Ideen für Nischen

Inzwischen stehen immer mehr Ladenflächen in Kreuzlingen leer. Dennoch findet Attila Wohlrab wohlwollende Worte. Er sagt, dass es heutzutage noch immer möglich sei, ein eigenes kleines Geschäft zu eröffnen. Er ergänzt: «Es braucht innovative Geschäftsleute mit Nischenprodukten. Wichtig ist zu wissen, was man daraus machen möchte.» Man muss sich klar positionieren und ein attraktives Sortiment haben, welches den lokalen Bedürfnissen entspreche. Die Beratung muss stimmig sein. Qualitätsprodukte brauchen einen Premium-Service. Aber auch günstige Waren mit wenig Service könnten funktionieren. «Es gibt im Detailhandel nur die Varianten billig oder Erlebnis mit Service», sagt Wohlrab überzeugt.

«Der Mietpreis für einen Laden sollte höchstens 10 Prozent des Umsatzes betragen.»
Attila Wohlrab, eidg. dipl. Immobilientreuhänder und Geschäftsinhaber immokanzlei AG Kreuzlingen.

Wenn vom Ladensterben die Rede ist oder wenn ein Geschäft schliesst, folgt oft das grosse Jammern. Trotzdem kaufen immer mehr Menschen online oder im grenznahen Ausland ein. Es kann jedoch passieren, dass man gerade beim Kleiderkauf für einen Preisvergleich online viel mehr Zeit braucht als im Laden. Im Geschäft könnte dies mit gutem Verkaufspersonal viel schneller gehen. Wohlrab glaubt hingegen, dass in Kreuzlingen, die noch zum Beispiel viel angesprochenen Handyläden eine Zeiterscheinung sind und weniger werden. Der Trend gehe in eine umgekehrte Richtung. Einfache Beratung sei bald nicht mehr zwingend vor Ort notwendig.

Premium Service oder günstig einkaufen

Viele Leute würden gerne lokal einkaufen, die Verkäuferin um die Ecke unterstützen. Aber schliesslich entscheidet das Sortiment und der Preis über einen Kauf. Was eine attraktive Einkaufsstadt ist, zeigt sich in der Vielfalt und im Ladenkonzept. Auch die Parkmöglichkeiten sind ein grosses Thema. Fakt ist gemäss Wohlrab, dass auch in den Einkaufszentren Läden leer stehen und dort seien genügend Parkplätze vorhanden, um in verschiedenen Geschäften einzukaufen.

Das Einkaufserlebnis wird vor allem durch ein attraktives Angebot, beziehungsweise der Vielfalt an Läden ermöglicht: Man kann möglichst viele Besorgungen auf einmal erledigen. Sobald an einem Ort zu viele Angebote fehlen, könnte es schwierig werden, den Trend nochmals zu wenden.

Mit Eigenleistung Fixkosten tief halten

Gerade in Kreuzlingen heisst es aber immer wieder, die Mietpreise seien zu hoch. Wohlrab sagt. Wenn der Ertrag pro Quadratmeter Ladenfläche sinkt und die Löhne sowie der Mietzins gleichbleibt, entsteht ein finanzielles Problem. Deshalb sein Rat: «Der Mietpreis sollte höchstens 10 Prozent des Umsatzes betragen.» Und bei Beginn einer Selbstständigkeit Fixkosten unbedingt tief halten, unter anderen durch grosse Eigenleistung.

Ein Strukturwandel ist da und führt zu Veränderungen. Aber er muss proaktiv gestaltet sein. Wer dann den Kunden noch versteht und den passenden Standort hat, kann auch heute ein interessantes Business daraus machen, wenn er einen eigenen Laden eröffnet. Es braucht wie immer etwas Mut, neues anzupacken. «Dies war schon immer so», ergänzt Wohlrab.

 

Manuela Olgiati